Überörtliche Einsätze – wie wird am besten abgelöst?

Unsere Meinung zur Diskussion gestellt

Überörtliche Einsätze – warum?

Im Gegensatz zu den kommunalen Feuerwehren, für die überörtliche Einsätze prozentual kaum ins Gewicht fallen, werden die THW-Helfer – wenn sie denn alarmiert werden – vergleichsweise häufig in überörtliche Einsätze gerufen. Hierfür gibt es verschiedene Gründe:

a) Die Zahl der Helfer vor Ort reicht nicht aus.
In Braunschweig kommen z.B. auf rund 280 Berufsfeuerwehrleute und knapp 1200 Freiwillige Feuerwehrleute nur 170 THW-Helfer.

b) Die benötigte Einheit existiert nicht vor Ort.
Nach dem THW-Konzept von 1995 ist in jedem Ortsverband mindestens ein Technischer Zug als Basiskomponente vorhanden, aber nur ausgewählte Fachgruppen. Im Bereich der Geschäftsstelle Braunschweig gibt es Radlader z.B. nur in Braunschweig und Wolfsburg.

c) Das THW ist bundesweit einheitlich organisiert.
Als Bundesorganisation braucht das THW auf Gebiets- und Landesgrenzen keine Rücksicht zu nehmen; das THW hat eine straffe Hierarchie.

Gleichwohl muß an dieser Stelle einmal das Vorurteil aus der Welt geräumt werden, daß das THW auch bundesweit einheitlich ausgestattet sei. Zum einen ist das THW-Konzept von 1995 bis heute noch nicht vollständig umgesetzt, so daß in vielen Einheiten Altfahrzeuge ohne die erforderlichen Spezifikationen als "Platzhalter" für neue fungieren. Zum anderen nehmen die Helfer in den meisten Ortsverbänden Veränderungen an ihren Einsatzfahrzeugen vor. So wurde z.B. in Braunschweig das Führungsfahrzeug des 1. Technischen Zuges ( ein ehemaliger Instandsetzungstruppkraftwagen ) als Kleinalarmfahrzeug ( KlAF ) ausgerüstet. Durch den Einbau der erforderlichen Regale ist die Ladefläche nicht mehr zum Transport von Sandsäcken, Rüstholz o.ä. geeignet. Aber wer weiß das überregional?

Welche Einsatzkräfte werden entsandt?

Nicht immer werden komplette Einheiten in den überörtlichen Einsatz gerufen; die Tendenz scheint dahin zu gehen, nur konkrete Helfer oder Geräte anzufordern, z.B.: "Wir brauchen nur LKW mit Ladebordwand!". Natürlich muß unterstellt werden, daß die anfordernde Stelle am besten wissen sollte, welches Einsatzpotential sie gerade benötigt – doch sprechen eine Reihe von Gründen gegen die überregionale Anforderung von Einzelfahrzeugen oder -personen.

Zum einen werden aus überörtlich zusammengezogenen Einzelfahrzeugen keine funktionierenden Einheiten. Daß Helfer sich gegenseitig kennen und das Leistungsvermögen ihrer Kameraden einschätzen können, spielt für den Einsatzerfolg eine wesentlich größere Rolle als gemeinhin angenommen ( oder zugegeben ) wird.

Zum anderen ergeben sich Probleme bei der Ablösung. Angenommen, ein Ortsverband entsendet einen LKW-Ladebordwand mit zwei Helfern ( Fahrer und Fahrzeugführer ) und es stellt sich dann vor Ort heraus, daß das Fahrzeug rund um die Uhr bewegt werden soll, dann wird es den überwiegenden Teil des Tages von fremden Helfern gefahren! Dies bedeutet, daß mit dem Fahrzeug wesentlich weniger pfleglich umgegangen wird, denn die fremden Helfer kennen weder die Eigenarten des Fahrzeugs, noch haben sie überhaupt ein Interesse daran, mit dem Fahrzeug pfleglich umzugehen – es ist ja nicht "ihres". Wer das nicht glaubt, werfe einmal einen Blick auf öffentliche Toiletten: glauben Sie, daß die Benutzer das eigene Bad zu Hause genauso hinterlassen? Jede Führungskraft ist gut beraten, "persönliche Beziehungen" der Helfer zu ihren Fahrzeugen aufzubauen.

Der Ortsverband Braunschweig entsendet Fahrzeuge grundsätzlich nur mit ausreichend eigenem Personal für einen Rund-um-die-Uhr-Betrieb. Die einzigen Fahrzeuge, bei denen dieser Anspruch nicht aufrechterhalten werden kann, sind der Kipper und der Tieflader der Fachgruppe Räumen, auf den auch andere Räumgruppen zurückgreifen können, wenn sie ihren Radlader über größere Entfernungen transportieren müssen. Dies sieht man den Fahrzeugen leider auch an. Mit welchen Mitteln soll man einen ehrenamtlichen (!) Helfer motivieren, ein Fahrzeug zu pflegen ( und die von den Nutzern vertuschten Schäden instandzusetzen ), wenn es überwiegend von Fremden genutzt wird?

Und wie werden die Kräfte abgelöst?

Das gleiche Problem tritt auf, wenn eine Einheit nach mehreren Tagen aus einem überregionalen Einsatz herausgelöst werden muß. Angenommen, die Helfer haben ihr Gerät zur Ausleuchtung der Einsatzstelle oder zum Auspumpen von Kellern in den Einsatz gebracht. Wie oft werden dann die Helfer ohne ihr Gerät nach Hause geschickt! Daß die Helfer jemals etwas von ihrer Ausstattung wiedersehen, ist nicht wahrscheinlich. Denkbar wäre, daß die ablösende Einheit in Versuchung gerät, die übernommene Ausstattung "sicherzustellen". Eine andere Möglichkeit wäre, daß sie auf das fremde Gerät nicht so gut achtgibt, und dieses deshalb Beine bekommt. Und die dritte Variante ist, daß die ursprüngliche Einheit zwar irgendwelches Gerät wiederbekommt, aber nicht ihres.

Daher kann die Lösung nur darin bestehen, Einheiten nicht in der vollen Helferstärke in einen überörtlichen Einsatz zu entsenden, und die Ablösung dann durch die eigene Einheit vorzunehmen, zumindest aber durch den eigenen Ortsverband. Nur so ist gewährleistet, daß die mitgeführte Ausstattung auch wieder zurückkehrt. Dies ist insbesondere dort von Bedeutung, wo von örtlichen Helfervereinigungen beschafftes Material zum überörtlichen Einsatz kommt.

Warum die THW-Einsatzleitungen an Großschadensstellen dazu neigen, bei der Ablösung Mannschaft und Gerät voneinander zu trennen, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Ein Grund könnte darin liegen, möglichst viele verschiedene Ortsverbände an die Einsatzstelle zu bringen, damit mehr Ehrenamtliche Einsatzerfahrung sammeln können. Vereinzelt haben sich in der Vergangenheit sogar andere Ortsverbände darüber beschwert, wenn sich Braunschweiger Helfer wieder einmal selbst abgelöst haben. Vergessen wir nicht: Katastrophenschutz ist kein Spiel und die aus Steuermitteln beschaffte Ausstattung kein Spielzeug!

Was ist Ihre Meinung?

Treten Sie mit uns in einen konstruktiven Dialog. Schreiben Sie uns Ihre Ansicht über die sinnvollste Art der Ablösung!

 

Kritik, Wünsche oder Anregungen an: webmaster@thw-bs.de ( Stand: 03.08.2001 )