Viele Aufgaben für die Atemschutzgeräteträger des 3. Bergungszuges
Einmal im Jahr testet der 3. Bergungszug seinen Ausbildungsstand bei einer ganztägigen Übung unter Einsatzbedingungen. Wie im Vorjahr auf dem Übungsgelände Leese im Landkreis Nienburg standen auch 1992 die typischen Aufgaben des Bergungsdienstes im Vordergrund. Übungsobjekt war am Sonntag, den 19. Juli 1992, die ehemalige Zuckerfabrik in Groß Twülpstedt, Übungslage eine Mehlstaubexplosion.
Der 3. Bergungszug führte an diesem Tage wegen der benötigten Preßluftatmerzahl auch den GKW des 2. Bergungszuges samt Kraftfahrer Form sowie Zugführer Schulze als Schiedsrichter mit. Während Übungsleiter Kämpen die Helferanwärter als Verletztendarsteller in der Zuckerfabrik versteckte und die Nebelmaschine in Gang setzte, hielt sich der Rest des Zuges noch einige Kilometer entfernt auf, bis über Funk der Einsatzbefehl gegeben wurde.
Im ersten Übungsabschnitt galt es, Überlebende der Explosion im Erdgeschoß sowie in den Kellerräumen des Gebäudekomplexes aufzufinden und aus den Trümmern zu befreien. Wegen der starken Verqualmung konnten die Rettungstrupps zunächst nur unter schwerem Atemschutz vorgehen. Ihr Einsatzauftrag war mit großen Gefahren verbunden; schließlich hatte man sie darauf hingewiesen, daß sich im Fußboden der Hallen mehrere tiefe Löcher verbargen. Nur Schritt für Schritt kamen die Männer im dichten Rauch voran. Für die Suche nach den Verletzten war zudem ihre ganze Phantasie gefordert: versperrte Türen mußten geöffnet, große Kessel bestiegen werden. Unterdessen war ein Zug der Feuerwehrbereitschaft des Landkreises Helmstedt zu Nachlöscharbeiten angerückt; die Feuerwehr unterstützte die Bergungskräfte auch bei der Verletztensuche. Die Brandschützer zeigten bei der Suche allerdings wenig Phantasie: "Verletztendarsteller herauskommen, wir rücken jetzt ab!" rief der Zugführer und verschwand mit seinen Leuten tatsächlich. Die THW-Helfer trafen sich stattdessen zur Lagebesprechung und gingen erneut an die Suche ...
Richtig zur Sache ging es allerdings erst im zweiten Übungsabschnitt. Ein Trupp war mit dem Bau einer Seilbahn beauftragt worden, um einen Schwerverletzten vom Dach einer Fahrzeughalle abzulassen, während die restlichen Einsatzkräfte auf der Rückseite des Gebäudekomplexes zu Brennschneid- und Räumungsarbeiten eingesetzt waren. Plötzlich waren gellende Hilferufe zu vernehmen: zwei Personen wurden auf der Plattform eines Silos in rund 20 Meter Höhe gesichtet. Sofort wurde ein Trupp zur Erkundung abgestellt. Die Treppe auf die Plattform begann am Dach des Gebäudes am Silofuß; doch war der Eingang des Gebäudes natürlich unzugänglich. Über einen Trümmerkegel drangen die Helfer ins Obergeschoß des Gebäudes vor. Vom Silo aus nahmen sie wieder Rauch aus dem Hauptgebäude wahr; umgehend mußte ein Atemschutztrupp zusammengestellt werden. Das Ziel, den Gruppenführer zu überfordern, wurde schnell erreicht: Es dauerte einige Zeit, bis er merkte, daß er seine verhältnismäßig unwichtigen Brennschneidarbeiten einstellen mußte, um alle verfügbaren Kräfte für die neuen Einsatzabschnitte freizubekommen. Dennoch wurden die Verletzten auch in diesem Übungsabschnitt ordnungsgemäß versorgt.
Über vier Stunden hatten die Helfer des 3. Bergungszuges schon gerackert, doch noch immer gab es keine Pause. Im dritten und letzten Übungsabschnitt waren sämtliche Obergeschosse des Gebäudekomplexes sowie das Dach zur Verletztensuche freigegeben. Schwierigkeit: Schon ins erste Obergeschoß in knapp 8 Meter Höhe konnten die Kräfte nur mit Leitern vordringen, alle Verletzten mußten lotrecht, über schiefe Ebene oder Leiterhebel abgelassen werden. Übungsleiter Kämpen überstand den dritten Übungsabschnitt nur mit blauem Auge: er stand als Beobachter mit seiner Kamera hinter einer verschlossenen Tür zum Dach, die Gruppenführer Krüger – mit einem Verletzten von außen kommend – gewaltsam nach innen auftrat. Erstaunlicherweise blieben Kamera und Brille heil ...
Nach Übungsende wurde gegrillt, und dann ging es zurück nach Braunschweig. Zwei Fahrzeuge rückten noch zur Berufsfeuerwehr ein, um die leeren Atemluftflaschen füllen zu lassen; anschließend war die SEG wieder einsatzbereit.
Einsatzbericht: Jan Kämpen ( Stand: 19.09.1992 )