Stärkstes Hochwasser in Braunschweig seit 1946

SEG-Helfer mehrere Tage lang im Einsatz

Am Donnerstag, den 14. April 1994, hatten sich die Unterführer des 3. Bergungszuges um 19.00 Uhr zur Brennschneidausbildung getroffen. Auf dem Gelände der ehemaligen Firma AWO Metallbau galt es, einen alten Kessel zu zerlegen. Bis spät in den Abend wurde gearbeitet, erst gegen 23.00 Uhr gingen die Helfer auseinander. SEG-Leiter Kämpen und Helfer Urlaub starteten noch zu einer kurzen Stadtfahrt, um sich das Ausmaß des in den letzten Tagen bedrohlich angestiegenen Hochwassers vor Augen zu führen.

Die Berufsfeuerwehr war schon seit einigen Stunden mit der Sicherung von Gebäuden am Maschplatz beschäftigt, als auch auf der anderen Okerseite die ersten Grundstücke "Land unter" meldeten. Sandsäcke mußten ausgelegt werden. Feuerwehr-Einsatzleiter Sämann zögerte nicht lange, wieder die Schnelleinsatzgruppe des Technischen Hilfswerks anzufordern. Nun galt es, die Stadtfahrt schnell zu beenden und die Einsatzbereitschaft des SEG-Umweltzuges herzustellen, der erst einen Monat zuvor die letzte Einsatzübung absolviert hatte.

»Gemeinsam mit Feuerwehrleuten und Mitarbeitern des Tiefbauamtes schleppten die THW-Helfer an der Pestalozzistraße rund 1600 Sandsäcke«, berichtete die Braunschweiger Zeitung in ihrer Ausgabe vom 17. April 1994. Bis in die frühen Morgenstunden dauerten die Sicherungsmaßnahmen an, in zwei Kellern setzten die SEG-Helfer bereits Tauchpumpen ein. Doch das Wasser sollte weiter steigen ...

»150 Kubikmeter Wasser schossen je Sekunde die Oker hinab, weil die bis zum Rand gefüllte Okertalsperre im Harz kein Wasser mehr aufnehmen konnte«, berichtete die Braunschweiger Zeitung weiter, »normalerweise sind es etwa 7 Kubikmeter. Am Freitag morgen wurde die Gießerei des Braunschweiger Hüttenwerks ( BHW ) in Melverode überflutet. 60 Zentimeter hoch stand das Wasser im Generatorenraum der Mühle Rüningen. 60 Kräfte verschiedener Ortsfeuerwehren bemühten sich, die Schäden mit Sandsäcken und Pumpen so gering wie möglich zu halten.«

Wer konnte, schlief am Freitag erst einmal aus. Für die meisten SEG-Helfer war er allerdings ein normaler Arbeitstag.

Gegen abend rief die Berufsfeuerwehr die Helfer der THW-Schnelleinsatzgruppe zur Unterstützung der Ortswehren im Braunschweiger Hüttenwerk erneut in den Einsatz. Die THW-Helfer füllten unzählige Sandsäcke, leuchteten Teile des Firmengeländes aus und waren an den Pumparbeiten beteiligt. Bis tief in die Nacht hinein stieg das Okerwasser auf dem Firmengelände weiter an. Die ganze Okeraue war eine einzige Seenplatte ...

Erst in den frühen Morgenstunden ging das Hochwasser zurück und die SEG-Helfer konnten – sichtlich mitgenommen von der harten Arbeit – endlich müde ins Bett fallen.

»Das schlimmste Hochwasser seit fast 50 Jahren ist vorüber«, meldete die Braunschweiger Zeitung am 19. April 1994, »Seit der Nacht zum Freitag waren Berufs- und Freiwillige Feuerwehr sowie das Technische Hilfswerk ( THW ) unterwegs zu mehr als 50 Einsätzen. Mit am stärksten geschädigt ist das Jugendzentrum Stöckheim. Bereits in der Nacht zum Freitag waren die Wassermassen von der benachbarten Wiese aus durch die Fenster in die Kellerräume gelaufen. Die Feuerwehr konnte das gesamte Wochenende über nicht pumpen, weil das Wasser noch zu schnell nachlief.«

Keiner der SEG-Helfer hatte je solches Hochwasser in der Löwenstadt erlebt. Doch zwischen Arbeit, Einsätzen und Schlaf blieb keine Zeit, sich im Stadtgebiet ein wenig umzusehen. Es bleibt die Hoffnung, sich einmal die zahlreichen Luftbilder ansehen zu können, die in den Hochwassertagen – unter anderem vom Staatlichen Amt für Wasser und Abfall – angefertigt worden sind.

Noch am Sonntag mittag hatte der Landesverband für den ganzen Ortsverband Braunschweig Rufbereitschaft herstellen lassen, weil in Sachsen-Anhalt das Wasser weiter stieg. Obwohl der Ortsverband über 250 Helfer verfügt, wurden die 30 SEG-Helfer davon zunächst nicht ausgenommen. Zu einem weiteren Einsatz für die SEG kam es jedoch nicht.

Einsatzbericht: Jan Kämpen ( Stand: 25.06.1994 )