Zwei fünfjährige Kinder im Hochwasser vermißt

Diverse Einsätze beim Bereitschaftsdienst am 31. Oktober 1998

08.00 Uhr. Die SEG-Helfer Jan Kämpen, Ingo Kettner, Marcus Stahr, Sven Henze, Kai Krause und Benjamin Bünder kommen in die THW-Unterkunft, um einen Feuerwehr-Bereitschaftsdienst anzutreten. Dabei erfahren sie von Verpflegungsleiter Rudolf Runge, daß sich die Helfer des 2. Technischen Zuges bereits seit dem Vorabend in Stuhr bei Bremen im Hochwassereinsatz befinden.

08.55 Uhr. Noch vor dem Frühstück auf der Feuerwache läuft der Brandmelder der Herzogin-Elisabeth-Kliniken in Melverode ein. Die Alarmfahrt wird 100 Meter vor dem Zielort abgebrochen, da die Anlage gar nicht ausgelöst hat. Fehler in der Postleitung.

12.00 Uhr. Bei der Feuerwehr gibt es zum Mittag Eisbein. Keiner der THW-Helfer schafft seine Portion.

15.20 Uhr. Die Leitstelle ruft "Herrn Kämpen vom THW" aus. Anruf des Ortsbeauftragten Wolfgang Schröder. Die Helfer des 2. Technischen Zuges müssen abgelöst werden, ihre Fahrzeuge sollen jedoch für die nächste Schicht vor Ort bleiben. Von der Feuerwache aus werden die erforderlichen Kraftfahrer informiert, anschließend begibt sich Ingo Kettner zurück in die THW-Unterkunft, um von dort das weitere zu regeln.

16.15 Uhr. Einsatz für Drehleiter und THW, Bohlweg, Flebbe-Haus. Passanten haben die Polizei darauf aufmerksam gemacht, daß in der Glasfassade des Hauses ein Loch mit den Umrissen eines Vogels zu sehen sei und Scheibenstücke herabzufallen drohen. Von innen kein Zugang. Sven Henze fährt im Korb mit nach oben, um die Scheibe mit Klebeband zu sichern. Rückfragen der Polizei ergeben, daß das Glas schon seit vier Wochen kaputt ist. Egal, am Bohlweg treffen die Helfer viele Bekannte ...

18.15 Uhr. Sven Henze hat die Eisbeine wieder in den Ofen gestellt, ruft die anderen Helfer zum Essen. Dann Alarm für den E-Dienst, LF 2 mit Boot und das THW. Die längste Alarmfahrt in der Geschichte der Feuerwehrdienste: über die BAB 395 und Halchter nach Wolfenbüttel-Linden: zwei Jungen werden vermißt, vermutlich beim Spielen in die Oker gefallen. Die Feuerwehrleute fahren auf dem durch das Hochwasser teilweise reißenden Gewässer bis nach Hedwigsburg. Kein Auto mit Blaulicht auf dem Dach, das nicht unterwegs wäre. Auch das THW Wolfenbüttel wird alarmiert, funkt aber nicht auf dem Feuerwehrkanal. Wer weiß, welchen Auftrag die Kollegen haben. Auf das Braunschweiger Fahrzeug steigt Jörg Koglin, Feuerwehr-Einsatzleiter Wolfenbüttel-Stadtmitte. Die Helfer fahren mehrere Stellen an der Oker an und suchen am Ufer mit Handscheinwerfern. Später werden mehrere Wehre im Stadtgebiet ausgeleuchtet.

21.30 Uhr. Die Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr rücken wieder ab. Die THW-Helfer bleiben in Wolfenbüttel. Ihr GKW sei der zur Zeit der einzige Rüstwagen im Stadtgebiet. Leider können keine weiteren Helfer aus Braunschweig angefordert werden, da die Kollegen ja noch mit den Helfern des 2. Technischen Zuges unterwegs sind. Der Ortsverband Wolfenbüttel hat in der Zwischenzeit unseren Ortsbeauftragten Wolfgang Schröder angerufen, um Bootsführer Sebastian Form und unser Boot mit dem Fächer-Sonar anzufordern. Die Feuerwehr-Einsatzleitung hält dies in der Nacht aber nicht für sinnvoll. Das Boot wird erst für den nächsten Morgen geordert.

22.30 Uhr. Der GKW II und das KlAF des 1. Technischen Zuges treffen mit einigen Helfern in Wolfenbüttel ein, um die Kollegen beim Ausleuchten und der Kontrolle der Wehre zu unterstützen. Bald darauf wird die Suche jedoch eingestellt. Falls die beiden Kinder überhaupt ins Wasser gefallen sind, besteht keine Chance mehr, daß sie noch leben. Alle Helfer rücken ein, die SEG-Helfer nehmen noch die Reste ihres Eisbeins auf der Feuerwache zu sich.

07.30 Uhr. Die Helfer Sebastian Form, Sven Henze, Michael Seiffert und Sandra Mitterling rücken unter Leitung von Ingo Kettner ab nach Wolfenbüttel. Bei strömendem Regen wird die Oker zunächst nach Hedwigsburg, dann weiter nach Süden abgefahren. Um 13.00 Uhr sind die Helfer trotz Regenkleidung so naß, daß alle bis auf Sebastian und Sven durch THW-Helfer aus Wolfenbüttel abgelöst werden. Sebastian und Sven kehren erst gegen 21.30 Uhr zurück.

Nachtrag: Die Leiche eines der beiden Jungen wird nach einigen Wochen gefunden, der zweite bleibt für immer vermißt.

 

Einsatzbericht: Jan Kämpen ( Stand: 02.11.1998 )